Da stand sie. Mitten im Feld. In ihrem rosa Kleidchen. Mit schmutzigen Händchen winkte sie mir zu. Ich sollte mir den kleinen Marienkäfer anschauen. Den hatte sie zuvor mit voller Konzentration eingefangen und war nun mächtig stolz. Wisst ihr - in solchen Momenten bin ich richtig verliebt. Veliebt in dieses wundevolle Wesen, das meine Tochter ist.
Und während ich tief versunken in Gedanken und voller Liebe zu ihr hinüberschaue, meldet sich meine andere Tochter. Sie hat Hunger. Und möchte gestillt werden. Und so sitzen wir wenige Sekunden später alle drei auf dem Boden. Mitten im Feld. Und während ich meinem kleinen frisch geschlüpften Baby beim Stillen in die Augen schaue und glückselig über den Kopf streichle, kann ich beobachten, wie die andere versucht, neben mir den Marienkäfer zu essen.
Und jetzt zu der Frage aller Fragen. Zu der Frage, die alle so brennend interessiert, die bisher "nur" ein Kind haben. Die Frage, die mir seit Geburt mit am häufigsten gestellt wurde und Platz 2 nach "Ist das nicht wahnsinng anstrengend?" belegt, ist folgende: Liebt man beide Kinder gleich?
Ja, wie ist das nun mit der Liebe bei zwei Kindern? Ich bin ehrlich zu euch: Ich habe mir diesbezüglich im Vorfeld keine Gedanken gemacht. Nicht einmal beschlich mich die Sorge, dass ich eine der beiden weniger lieben würde. Zu groß einfach die Freude über ein Geschwisterchen für Paulina. Ein weiterer Mensch in unsere Mitte. In unserer kleinen Familie, die bald um ein weiteres Mitglied reicher ist.
Liebe ist unendlich. Immer anders. Nie gleich.
Die Zeit bis zur Entbindung flog nur so dahin. Läuft die zweite Schwangerschaft doch tatsächlich oft einfach nur so nebenher. Insbesondere mit Kleinkind an der Hand. Zeit sich Sorgen zu machen, Bedenken und Ängsten Raum zu geben? Keine Chance. Vielleicht auch gut so? Entspannt und unvoreingenommen den kleinen Menschen auf unserer Welt willkommen heißen und schauen was passiert. So hab ich es gehandhabt.
Und dann kam sie auch schon: Carolina. Und vom ersten Moment an liebte ich sie. Genauso bedingungslos wie Paulina. Und ich wusste: Es wäre also total unnötig gewesen, sich im Vorfeld verrückt zu machen. Überhaupt auch nur einen einzigen Gedanken daran zu verschwenden, ob man sein zweites Kind auch genauso lieben kann. Ich hielt Carolina in meinem Arm und fühlte einfach nur eine überwältigende Liebe - genau wie bei meiner ersten Tochter. Denn man muss seine Liebe plötzlich nicht teilen, wenn ein zweites Kind kommt. Für jedes Kind hat man eine ganz individuelle Liebe da. Und diese wächst sogar mit jedem Tag.
Es gibt genug Platz im Herzen, um all seine Kinder zu lieben
Und für all diejenigen, die mich nun fragen, ob ich beide Kinder gleich liebe, denen antworte ich mit einem klaren: Nein! Ich liebe Carolina nicht genauso wie Paulina. Aber ich liebe sie. Nur anders. Paulina und ich, wir kennen uns 20 Monate länger. Soviele emotionale Momente haben wir gemeinsam geteilt und durchlebt. Sie begleitete uns durch das Abenteuer Asien und teilt mit uns für ewig diese unglaublich tolle Erfahrung, diese wahnsinnig exotischen und aufregenden Momente. Sie zeigte mir als Erste, was es heißt bedingungslos zu lieben. Lieben ohne etwas zu erwarten und mehr als man sich hätte vorstellen können dadurch zurückzubekommen.
Meine ersten wackeligen Schritte als Mama machte ich mit ihr. Litt an ihr, erfreute mich an ihr und wuchs an ihr. 20 Monate lang prägte mich dieses Mädchen - jeden Tag aufs Neue. Die Geburt mit ihr: Der Moment, an dem ich zum ersten Mal Mama wurde. Mit ihr das erste Mal an meine Grenzen gehend - und darüber hinaus. Sie zeigte mir, wie wahnsinnig toll das Gefühl ist, dass man jemanden bis an sein Lebensende behüten möchte. Dass man beschützen möchte, weil es so wertvoll ist. So unfassbar wertvoll. Meine Tochter - die mich mit so viel Glück segnete. Meine Tochter, die mich zum ersten Mal zur Mama machte.
Und dann plötzlich lag ein kleiner weiterer Wonneproppen neben mir. Und ich dachte: für sie würde ich alles tun. Und dieselben überwältigenden Gefühle, wie bei meinem ersten Kind überrollten mich auch hier. Und es fühlte sich einfach so normal und so gut an, mit ihr nach Hause, zu ihrer Schwester zu fahren, die sie ebenfalls mit so viel Liebe empfing.
Kein schlechtes Gewissen
Ob meine Kinder nun immer gleich viel Liebe abbekommen? Ob ich stetig darauf achte, sie gerecht zu verteilen? Völliger Quatsch. Weder hab ich meine Kinder immer gleich lieb, noch müssen sie mich gleich lieb haben. Und ist es nicht normal, dass wir sie nicht alle "gleich" lieben? Dass wir zu jedem eine andere, ganz besondere und wertvolle Verbindung haben. Unterschiedliche Erinnerungen mit jedem Kind geschaffen haben. Erinnerungen, die aber gleichermaßen mit Liebe gefüllt sind?
Ich denke, das Ganze so zu betrachten, macht das Miteinander leichter. Vielleicht ähnenlt sich meine Kreativität mehr dem meiner ersten Tochter, dafür kann ich mich mit der anderen viel mehr kuscheln und mich ohne viele Worte verständigen. Ich bin für mehr Leichtigkei. In jeder Beziehung. Gefühle fließen lassen und sich nicht zu viele Gedanken zu machen.
Eure Teresa