„Ihr Mann muss hier warten“… Während die Dame an der Pforte diese fünf Worte aussprach, bekam ich bereits die nächste Wehe und musste mich vor Schmerz auf den Boden hocken...

Ja, was soll ich euch sagen: so unerwartet holprig wie die Schwangerschaft, lief auch am Ende meine Geburt ab. Und es kommt mir vor, als wäre es gestern erst gewesen. Gestern erst, als ich diese zarte rosa Linie auf dem Teststreifen sah. So zart, dass sie für das bloße Auge kaum zu erkennen ist: Aber – sie war da! Ohne Zweifel. Und auch beim dritten Mal war dies einfach nur ein wunderbares Gefühl. 

Im Januar 2020 begann für uns das dritte Abenteuer und sollte für uns noch die ein oder andere Hürde bereithalten. Denn mit fortschreitender Schwangerschaft und wachsendem Babybauch nahm auch das Jahr seinen Lauf. Mit all den unvorhersehbaren Wendungen und Veränderungen. Zum Beginn des Jahres verstab mein Vater und somit waren die ersten Wochen nicht nur geprägt von Nebenwirkungen der Schwangerschaft, wie ganztägiger Übelkeit, sondern auch von vielen Tränen. Einer Beerdigung und Trauerbewältigung. In den ersten Monaten hatte den großen Wunsch meinen Körper viel, viel öfter Ruhe zu gönnen. Leider blieb mir dieser Wunsch verwehrt. Ohnehin mit zwei Kleinkindern an der Hand. Auch wenn wir die Entscheidung für eine weitere Schwangerschaft bewusst getroffen haben, uns bewusst dafür entschieden so zügig ein weiteres Geschwisterchen auf den Weg zu schicken, niemand konnte ahnen dass uns allen doch so ein wildes und chaotisches Jahr bevorstehen sollte.

Und natürlich hab ich sie mir ganz anders vorgestellt. Meine dritte Schwangerschaft. Mit kinderfreien Vormittagen und einer romantischen Vorstellung davon, morgens mit Yoga in den Tag zu starten. Nun erstrecken sich die Ereignisse aber über eine längere Zeit. Eine Zeit, die uns täglich vor neue Herausforderungen stellt. Wir uns alle irgendwie neu organisieren müssen. Hoffen und bangen über eine Zukunft, die noch ungewiss ist. 

Und doch zog ich irgendwann eine positive Bilanz: zum dritten Mal schwanger brachte ich doch auch eine große Portion Gelassenheit mit. Insebsondere im Hinblick auf die Geburt. Während meine Erste recht aufregend ablief und in einem Notkaiserschnitt endete wurde ich dafür mit einer zweiten, sehr schnellen, komplikationsfreien und natürlichen Geburt belohnt. Eine Geburt, die ich weitaus selbstbewusster und selbstbestimmter beschritt und mit der ich glücklicher hätte nicht sein können.

Und so wusste ich auch dieses Mal: alles ist möglich.

Luca machte sie ebenfalls sehr schnell und spontan auf den Weg. Fast schon ein bisschen überrumpelnd. Am 4. September um 9:52 kam er auf die Welt. Dass es auf der Zielgeraden für uns beide noch sehr aufregend zugehen sollte, konnte zuvor niemand ahnen. Aber auf Anfang:  Es war sieben Uhr in der früh, genau ein Tag vor errechnetem ET, als ich meiner Freundin mitteilen musste, dass aus unserem geplanten Brunch-Date wohl nichts werden würde. Fünfzehn Minuten zuvor bin ich mit leichtem Ziehen im Unterleib wach geworden und obwohl sich derSchmerz noch nicht richtig einordnen ließ, wusste ich doch sofort: es geht los. 

Innerhalb kürzester Zeit wurden die Wehen immer stärker und heftiger. Die Abstände immer geringer. Jetzt musste alles schnell gehen. Ich hatte kaum noch Zeit mich anzuziehen, geschweige was zu essen. Die Schwiegermama eilte herbei und wenige Minuten später saßen wir im Auto - Richtung Krankenhaus. Im Auto erst begriff ich, dass wir wohl heute noch unser Baby bekommen würden.


Die Hebamme holte mich am Eingang ab und begleitete mich in den Kreißsaal. Mein Mann musste draußen warten. Nach einer schnellen Untersuchung und dem - für mich weniger überraschenden Befund: Muttermund Öffnung war bereits 7 cm geöffnet - wurde Basti dazu geholt und ich ans CTG geschlossen. Wir befanden uns also schon in der heißen Phase. Die kommende Stunde sollte allerdings sehr stressig werden. Blutabnahme, Corona Test und die Tatsache, dass während der Wehen die Herztöne meines Sohnes bedenklich absackten - machten mir sehr zu schaffen. Außerdem setzen mir die Schmerzen extrem zu. Basti war derjenige der mir zu diesem Zeitpunkt immer wieder gut zusprach und Mut gab. Auch während der Wehen war ich dankbar für seine Anwesenheit.

Und dann war es war so weit. Die Presswehen setzen ein. Doch der Kopf meines Sohnes lag nicht richtig im Becken. Auf Anweisung meiner Hebamme und der Ärztin legten und stellten wir mich in verschiedene Positionen. In der Hoffnung ihn auf natürliche Weise rauszubefördern. Und irgendwann fanden wir eine - für mich allerdings äußerst unbequeme, aber für mein Baby optimale Stellung. Der Gedanke daran, dass das Ganze in einen erneuten Notkaiserschnitt gab mir unheimlich viel Motovitaion. Mich selbst machmal auf ein neues zu motivieren und in meinen Körper hinein zu hören. Jetzt oder nie. Ich wusste, wir würden es gemeinsam schaffen. Und plötzlich ging alles ganz schnell. Ich spürte mein Baby mit jeder Wehe mehr im Becken. Ich durfte loslegen. Nach nur zwei Presswehen war er dann auch da. Mit 3300 g und 51 cm kam unser Sohn auf die Welt. So klein und zart. Seine Augen groß. So zerbrechlich lag er auf mir. Haut an Haut. Er war warm und seine Haut so weich und mir liefen die Tränen einfach nur noch über das Gesicht herunter. Vor Glück, Liebe und Erleichterung.



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